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Heimatgeschichte

Der Brühl - Kulkwitzer Gemeindehäuser in Seebenisch

Wenn man von Gärnitz kommend nach Seebenisch fährt, sieht man am Ortseingang auf der linken Seite 4 gleich aussehende Häuser, die sich architektonisch von der umgebenden Bebauung abheben. Diese bebaute Fläche wird in Seebenisch umgangssprachlich als „Der Brühl“ bezeichnet.
 
Die wenigsten Seebenischer werden heute noch wissen, dass es sich bei diesem Areal um eine „Kolonie“ der Gemeinde Kulkwitz auf Seebenischer Flur handelt, die in den Jahren 1928/29, ausschließlich für die Wohnungssuchenden aus Kulkwitz gebaut wurde.
 
Wie kam es dazu? Zur Erklärung ein kurzer Blick zurück in die Geschichte.
 
 
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Mitte September 1929 erfolgte eine nochmalige Bauabnahme, ehe die hinterlegten Garantiesummen ausgezahlt wurden. Am 01. Dezember 1929 war das neue Haus 4 bezugsfertig.
Die Mieter sind folgende: Haus 4 - Möttig, Freyer, Habermann, Paul Walther.
 
Die vorläufige Miete wurde auf 25 RM je Wohnung und Monat festgelegt. Im Mietvertrag wurde festgelegt, dass keine Untermieter geduldet werden. In das neu erbaute Waschhaus beim Haus 4 durften gegen Gebühr Motorräder eingestellt werden, was in den ersten 3 Häusern nicht geduldet wurde. Am 23. Dezember 1929 legte der Bürgermeister nach nur einem Amtsjahr mit sofortiger Wirkung nach einer Kassenrevision sein Amt nieder. Die Gemeinderatswahlen Ende 1929 brachten wieder eine Umkehr der Mehrheitsverhältnisse; ab Januar 1930 mit einem neuen Bürgermeister Müller. Es wurde deutlich, dass die Gemeinde überschuldet war und große Probleme hatte, ihren Verpflichtungen gegenüber den Handwerkern nachzukommen.
 
Darlehensgesuche und Hypothekenaufnahmen wurden von den Sparkassen Markranstädt, Pegau, Zwenkau und Lützen abschlägig beantwortet. Kulkwitz war nicht mehr kreditwürdig. Kredite auf dem freien Markt waren zu teuer. Die Gemeinde versuchte, dass die Werke Steuervorauszahlungen leisteten. Die L.K.W. boten am 16. Januar 1930 ein Darlehen von 10.000 RM bis Juni 1930 zu 8 Prozent an. Es wurde angenommen.
 
Im April lagen die Herstellungskosten der Häuser 1 bis 3 nach der Aufstellung vom Architekten vor:
Haus 1: 51.040,21 RM
Haus 2: 42.345,89 RM
Haus 3: 51.024,63 RM
Waschhaus: 3.111,67 RM
Insgesamt: 147.518.40 RM
 

Herr Alfred Schmidt aus Gärnitz hatte zum 01. Juni 1930 die Hypothek von 9.206 RM gekündigt. Am 28. Juli 1930 bewilligten die L.K.W der Gemeinde Kulkwitz ein Darlehen von 50.000 RM zur Tilgung bis zum 30. Juni 1931 zu 7 Prozent unter Anrechnung der jeweils zu zahlenden Gewerbesteuer. Die AHM erhob Einspruch gegen die Miethöhen der neu gebauten Wohnungen, dies wurde von den Gemeindeverordneten abgelehnt. Inzwischen gibt es 5 Mietschuldner bzw. Mietstundungen in erheblicher Höhe.

Mit dem Bau der Straße in Seebenisch sollte sofort begonnen werde. Im September 1930 war der Ausbau der Straße bis zur Grenze „Haus 4“ erledigt, einschließlich der Hauptstr. bis zur Grenze nach Gärnitz (ca. 50 m).

Nach Vorliegen der Abschlussrechnung im Januar 1931 konnte die Ablösung der Sicherungshypothek zu Gunsten der Gemeinde Seebenisch beantragt werden.

Wenn in Haus 4 doch Untermieter einziehen sollten, dann war ein Mietaufschlag bei 25 RM Miete mit 10 Prozent zu erheben.

Die Gemeinde Kulkwitz musste in der Folge noch lange Zeit sparsam wirtschaften, bis sie alle Verbindlichkeiten bedient hatte. Die Mieter in den Kulkwitzer Häusern sind mit ihrem Einzug Seebenischer Bürger geworden, da sie in der Gemeinde Seebenisch wohnten. Mit den späteren Eingemeindungen von Gärnitz 1936 und Seebenisch 1948 nach Kulkwitz änderten sich die Verhältnisse untereinander sowieso.